Ich selber habe gute Erfahrung damit gemacht, mir in einem Team von 15-20 Mitarbeitenden alle drei Monate Zeit für jede einzelne Mitarbeiterin und jeden einzelnen Mitarbeiter zu nehmen. Das gilt für alle, egal, ob sie mehrheitlich im Büro arbeiten oder mehr Homeoffice machen. Während der Pandemie haben diese Gespräche fast ausschliesslich virtuell stattgefunden, was an sich gut geklappt hat.
Üblicherweise resultiert das dann in einer Outlook-Termineinladung von einer halben Stunde, die wir mindestens zwei Wochen im Voraus festlegen. Gut wäre wohl, wenn danach eine Viertelstunde oder so unbelegte Zeit folgt, damit man überziehen kann, wenn es sich spontan als nötig erweisen sollte. Mir ist das allerdings selten gelungen. Vermutlich spricht auch nichts dagegen, sich diese halbe Stunde häufiger zu nehmen als nur grad alle drei Monate, aber auch das hat sich damals in meinem Alltag leider nicht als realistisch erwiesen. Alle drei Monate ist aber schon mal ganz ok. Wenn wir uns dann zum Jahresgespräch getroffen haben, fiel die informelle halbe Stunde aus (bzw. wurde faktisch in das Jahresgespräch integriert). Daher fand das (geplante) halb-formelle Gespräch etwa drei Mal im Jahr statt.
Die Agenda für diese halbe Stunde Mitarbeitergespräch lasse ich bewusst offen. Ich setze keine formellen Ziele und keine Agenda. Die Ansage ist: Wir treffen uns für eine halbe Stunde und schauen dann, was an Themen aufkommt. Wenn nichts Konkretes kommt trinken wir zusammen Kaffee und sprechen über Gott und die Welt.
In den meisten Gesprächen wird man sich kurz über Gesundheit, Familie und Alltagsgeschichten unterhalten und früher oder später zu anderen Themen wechseln. Vielleicht hat aber jemand grad ein krankes Familienmitglied, das viel Aufmerksamkeit braucht, oder ist selber krank. Vielleicht kommt der Mitarbeiter derzeit nicht recht in die Gänge und braucht etwas Unterstützung, um sich aufzuraffen. Oder jemand hat grad ziemlich Überstunden angehäuft oder konnte Ferien nicht beziehen und ist nun physisch und psychisch am Anschlag (oder es könnte bald soweit kommen). Vielleicht gibt es auch Weiterbildungsbedarf – entweder aus Sicht des Chefs oder aus Sicht der Mitarbeiterin. Und manche haben auch einfach nur Lust über ihre Projekte und Arbeitsfortschritte zu berichten. Dann passt das auch. In den meisten Fällen höre ich einfach aktiv zu, lerne und habe danach ein besseres Bild vom aktuellen Befinden und Arbeitsstand des Mitarbeiters. Nur selten gibt es von meiner Seite her effektiv Probleme zu besprechen.
Im Grossen und Ganzen richten sich diese informellen Mitarbeitergespräche also tendenziell eher nach der Agenda der Mitarbeitenden.
Wichtig ist, dass sich die Gespräche nach einer Weile institutionalisieren. Sie werden zu einer Plattform, einem Kanal, von dem beide Seiten wissen, dass er alle nach einer bestimmten Zeit immer wieder offen ist. Einige Dinge können in der Zwischenzeit warten und werden auf die halbe Stunde hin kanalisiert. Das entlastet beide Seiten.
Und wenn Sie sie regelmässig machen, versetzen diese Gespräche weder Sie noch Ihre Mitarbeitenden in Stress. Sie wissen meist, was kommt und dass es ganz ok ist.
PS: Bezüglich der Häufigkeit kommt es dabei sicher auch darauf an, wie viele Mitarbeitende Ihnen direkt rapportieren. In meiner aktuellen Position versuche ich, mir für vier Teamleitende möglichst einmal pro Woche Zeit für ein halbstündiges Bila zu nehmen. Da ist die Organisation aber auch noch neu und im Wandel, was dann auch den Charakter des Gesprächs etwas etwas ändert.
PPS: Diese Gespräche, ob quartalsweise oder wöchentlich, sind übrigens natürlich völlig unabhängig davon, ob Sie im Homeoffice arbeiten oder immer alle im Büro sind.
Fazit zum Mitnehmen:
- Nehmen sie sich mindestens alle drei Monate eine halbe Stunde Zeit für ein bilaterales (halb)formelles Mitarbeitergespräch mit offener Agenda für jeden einzelnen Mitarbeitenden.