Es kommt natürlich darauf an, mit wem man spricht (oder gelegentlich auch mal streitet) oder was Sie grad lesen. Bisweilen kann ich mich aber jedenfalls des Eindrucks nicht erwehren, dass teilweise (wenn auch immer weniger) noch eine Generation von Führungskräften am Ruder ist, die seltsame Ansichten davon hat, wie sie Mitarbeitende führen und beurteilen will.
Da werden peinlich genau die Überstunden gezählt und je mehr jemand hat, umso besser wird die Person beurteilt. Angestellte ohne Überstunden? «Uiuiui, da müsse man hinschauen, warum das Commitment nicht stimme. Und Minusstunden sind dann ein ganz schlechtes Zeichen…»
Ja, Arbeitsverträge sehen vor, dass Mitarbeitende eine bestimmte Anzahl Stunden arbeiten. Und diese müssen eingehalten werden. Aber trotzdem sagt die Anzahl Stunden nicht unbedingt etwas darüber aus, wie gut jemand arbeitet. Was ist, wenn jemand einfach langsam ist und die Arbeit das Allerliebste im Leben? Die Überstunden häufen sich und die Arbeit kommt mehr oder weniger voran. Und wie ist das zu vergleichen mit einem Schnellen, der aber zeitig nach Hause zur Familie will? Der wird zügig vorwärts kommen, möglichst wenig Überstunden machen und dabei gleich viel oder mehr leisten. Wer von den beiden ist Ihnen lieber?
Selbstverständlich gibt es auch Situationen, die Commitment zeigen und Überstunden generieren. Wenn bspw. ein Projekt kurz vor dem Abschluss steht und noch ein letzter Spurt angesagt ist, ein Termin bevorsteht und jetzt halt mal eine Nachschicht eingelegt werden muss oder die halbe Belegschaft mit Covid ausfällt und sich nicht alles umpriorisieren lässt. Ja, das gibt’s und da ist der Sondereffort sehr wertvoll (aber es sollte nicht zur Regel werden).
Sie werden sicher mit mir übereinstimmen, dass für die Beurteilung, ob Mitarbeitende besser oder weniger gut sind, an sich in erster Linie die Arbeitsresultate zählen. Da kann jemand noch so nett und cool sein, wenn die Resultate nicht stimmen, ist es nicht gut.
Schauen Sie sich die Resultate an und wie schnell sie kommen und allenfalls wie sie zustanden kommen.
Häufig wenn in den letzten Jahren (vor der Pandemie) die Rede aufs Homeoffice kam, dann tauchten ganz seltsame Argumente auf.
Zuerst argumentiert einige damit, dass sie die Leute nicht mehr beim Arbeiten beobachten können und entsprechend nicht wissen, was sie tun. Sorry falsch gedacht. Schauen Sie sich die Resultate an und wie schnell sie kommen und allenfalls wie sie zustanden kommen. Ihre Zeit als Chef setzen Sie schlauer ein als zum Arbeitsbeobachten. Mal abgesehen davon, dass Vertrauen anders aussieht.
Dann wird der Punkt mit den Arbeitszeiten und der Pünktlichkeit aufgewärmt. Wie man denn nun wissen könne, ob die Mitarbeiterin auch wirklich um 8 anfange zu arbeiten. Ich würde sagen, wenn sie nicht gerade um 8 Uhr an einem (Online-)Meeting teilnehmen muss oder sonst eine Aufgabe hat, die genau um 8 Uhr aufgenommen werden muss, ist es völlig egal, wann sie anfängt. Ob sie ihr Referat von 8-12 Uhr oder von 5-9 Uhr oder von 18-22 Uhr schreibt, ist mir ehrlich gesagt einerlei.
Dann hört man die Klage, dass man nun nicht mehr so einfach kontrollieren könne, wie lange jemand arbeitet. Wenn alle ins Büro kommen, könne man einfach schauen, wie lange sie dasitzen, im Homeoffice aber nicht. Naja, erstens steht es Ihnen frei, von Ihren Mitarbeitenden eine Leistungserfassung zu verlangen, also digitales Stempeln (für die meisten ist das eh Pflicht). Und wenn sie einem Mitarbeitenden nicht vertrauen, dass er wirklich so viel arbeitet, wie vertraglich vereinbart, sollten sie sich folgende Frage stellen: Sind die Arbeitsresultate super? Wenn ja, dann können Sie schauen, ob sie da allenfalls Spielraum haben (wollen), was die Arbeitszeit angeht. Und wenn Sie es trotzdem stört oder die Resultate auch nicht gut sind, dann sprechen Sie es an und suchen sie mit dem Mitarbeitenden nach einer Lösung. Sie werden staunen, wie offen die Leute solche Dinge ansprechen. Und dann findet man Lösungen. Zum Schluss nochmals: Die Anzahl Stunden im Büro zu messen, ist nie eine Lösung. Wenn Sie die Arbeitsresultate nicht anschauen, kann noch so mancher auch im Büro anwesend sein ohne zu arbeiten. Der sitzt dann einfach da und sieht so aus, als ob er arbeiten würde.
Und dann haben Sie vielleicht auch schon das hier gehört: «Aber er ist super, er ist schon so früh im Büro – und sie ist auch toll, sie ist immer noch so spät da – sie geht häufig sogar erst nach mir nach Hause.» Ich halte das für Nonsens. Nein, wie gesagt, was zählt sind Arbeitsresultate, Arbeitsresultate…
Auch selber schon gehört habe ich: «Aber er raucht doch und dann macht er sicher noch mehr Rauchpausen im Homeoffice als bisher im Büro. Im Büro sah ich ihn wenigstens immer an meinem Büro vorbeigehen.» Nein, nein, wirklich nicht. Auch ob sie dreimal zur Kaffeemaschine geht oder fünfmal ist egal. Arbeitsresultate sind es, die zählen. Am Ende zählt das Resultat. Und ehrlich gesagt ist mir eine Kollegin lieber, die längere Pausen macht und dafür in 4 Tagen ein Resultat abliefert, das sich gewaschen hat, als jemand der sich strikt an alle Pausenvorgaben hält, aber in zwei Wochen noch nichts Gescheites zustande gebracht hat.

Fazit zum Mitnehmen:
- Führung darf nicht mit Stundenzählen verwechselt werden. Beurteilen Sie Ihre Angestellten und Kolleginnen nicht danach, ob sie Überstunden machen oder nicht.
- Schauen Sie sich regelmässig die Arbeitsresultate an und diskutieren Sie mit Kollegen und Angestellten, was Ihnen daran auffällt.