Homeoffice #15 – Sinn und Unsinn der Videotelefonie

Es gibt Vorgesetzte, die verlangen von ihren Mitarbeitenden im Homeoffice, dass sie ausnahmslos immer, wenn sie mit ihnen telefonieren, das Video anschalten. In dieser Absolutheit halte ich das für falsch.

An sich ist es ja richtig, die Videotelefonie bietet unbestrittenermassen einige Vorteile. Dazu kommen wir gleich. Ich rate Ihnen allerdings, nicht zu strikt zu sein, d.h. das Video nicht standardmässig immer einzuschalten oder dies zu verlangen. Einerseits kann das Video auch ablenken. Je nach Hintergrund, Anzahl Teilnehmender am Videocall und deren Zappeligkeit können Sie sich gar nicht mehr darauf konzentrieren, was gesprochen wird. Und nach einer Weile kommt eine gewisse Videotelefonie-Müdigkeit auf und man sehnt sich nach normalen Telefonaten, wo man nur sprechen und zuhören kann. Keiner interessiert sich dann für Ihre Joggingsachen, den Dreitagebart oder die Füsse auf dem Tisch.

Wie auch immer Sie sich entscheiden: Wenn Sie Videotelefonie möchten, dann sollten Sie das vorher explizit ankündigen. Überraschungen sind für alle anderen nicht so toll.

Ein typischer Anwendungsfall, bei dem Videotelefonie sinnvoll ist, sind sicher Mitarbeitergespräche im 1:1-Setting. Nebst Zwischentönen sehen Sie da auch gegenseitig Mimik und Gestik. Ob jemand die Augen verdreht oder zustimmend nickt, macht viel aus. Und Sie haben die Chance, mit all ihren Kommunikationsfähigkeiten deutlich mehr Vertrauen zu schaffen als per reiner Telefonie. Denken Sie daran, das Verbale macht nur knapp 20% der Kommunikation aus. Körpersprache, Mimik und Tonfall ist der Rest. Und da versagt das Telefonat ohne Video zu einem wesentlichen Teil.

In Ausnahmefällen kann die Videotelefonie sogar ein Ersatz sein für diejenigen Gespräche, die Sie eigentlich von Angesicht zu Angesicht machen sollten. Wenn das aber eben aufgrund der Distanz oder in der Pandemie nicht geht, dann ist ein Videocall sicher besser als ein normales Telefonat.

Je mehr Leute an einer Sitzung teilnehmen und je länger die Sitzung dauern soll, umso weniger ist es wohl angebracht, ständig das Video zu aktivieren. Als Referent oder vielleicht auch als Sitzungsleiter macht es sicher Sinn, dass Sie es einschalten, damit die anderen Sie sehen können, aber für die Teilnehmenden wohl eher weniger. Wenn am Ende 20 Personen im Videostream rumzappeln, ist der Wert der Bildübertragung vielleicht auch fraglich. Sinnvoll kann es allenfalls wieder sein, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass die Leute auch wirklich zuhören und nicht irgendwas anderes machen. Allerdings sollten Sie sich dann vielleicht auch selbstkritisch fragen, ob Sie genug spannend sind, wenn Sie die Leute mit Videocall disziplinieren wollen.

Zudem sollten Sie sich bewusst sein, dass tendenziell mit erhöhtem Einsatz von Videotelefonie auch die technischen Probleme rundherum zunehmen. Manchen fehlt die Bandbreite für eine saubere ununterbrochene Videoübertragung. Und dann ist es schlussendlich egal, ob das am Internetzugang zuhause, am Firmennetz, oder der Performance des VPN liegt, über das Ihre Kommunikation läuft.


Fazit zum Mitnehmen:

  • Zwingen Sie Ihre Mitarbeitenden nicht, immer via Videocalls mit Ihnen zu sprechen; setzen Sie sie gezielt ein.
  • Heikle Gespräche, die Sie effektiv nicht von Angesicht zu Angesicht machen können, sollten Sie mit Videotelefonie machen.

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